Baumrundgang
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Die Rosskastanie
Baumportrait Nr. 1
Die Rosskastanie
Immer wieder im Frühjahr ist es soweit: die Kastanienbäume erfreuen uns im Mai mit ihren großen, weißen Blütenkerzen. Beim Kraiburger Baumrundgang machen wir selbstverständlich der markanten Kastanie im Ortskern Kraiburgs unsere Aufwartung. Steht sie doch direkt in der Ortsmitte, als einziger Baum der Langgasse, im unteren Teil der Straße. Glücklicherweise hat sie eine kleine Grünfläche um sich herum, so dass sie ihr flaches und starkes Wurzelwerk gut ausbreiten konnte und genügend Niederschlagswasser über den Wiesenboden abgreifen kann.
Die Rosskastanien (Aesculus hippocastanum) können bis 300 Jahre alt werden. An ihrem Stamm kann man eine typische Eigenschaft erkennen: ein ausgeprägter Drehwuchs immer nach rechts, was wohl ihrem Stamm mehr Stabilität verleiht. Ganz charakteristisch sind die großen, fingerförmig zusammengesetzten Laubblätter.
Eine weitere Besonderheit kennzeichnet die Kastanie, die als gute Bienentrachtpflanze gilt: die weißen Blüten haben einen gelben Fleck, der anzeigt, dass nur dann der zuckerreiche Nektar in der Blüte produziert wird. Ist die Blüte bestäubt, färbt sich der Fleck rot. Die Bestäuber-Insekten, vor allem Bienen und Hummeln, erkennen dann, dass in der Blüte nichts mehr zu holen ist. Die Farbe Rot können diese nämlich gar nicht sehen. Sehr praktisch!
Ursprünglich ist die Kastanie bei uns in Mitteleuropa gar nicht heimisch. Sie stammt von der Balkanhalbinsel und kam mit den Türken, die sie als Pferdefutter nutzten, nach Wien. Es wird für möglich gehalten, dass alle in Europa angepflanzten Kastanien von den im Jahre 1576 mitgebrachten Samen abstammen. Inzwischen ist sie in Siedlungen, Parkanlagen und als Alleebaum weit verbreitet und gilt als der typische Baum der bayerischen Biergärten.
Im Herbst erfreut die Kastanie mit ihren Früchten vor allem die Kinder, denn es lässt sich wunderbar mit ihnen basteln. Als Tierfutter für Rothirsche und Rehe kann sie auch gesammelt und an Wild- und Tierparks abgegeben werden. Essen lassen sich die Früchte allerdings nicht. Nur die Früchte der Esskastanie, die auch als Maronis bekannt sind, können gegessen werden. Die Esskastanie ist übrigens trotz ihres Namens gar nicht mit der Rosskastanie verwandt. Wegen ihres hohen Saponingehalts können die Kastanienfrüchte als umweltfreundliche und kostengünstige Waschmittelalternative verwendet werden.
Leider hat auch diese Baumart ihren problematischen Schädling. Seit Ende der 80er Jahre setzt ihr die Kastanienminiermotte zu. Die befallenen Blätter fallen bereits im August ab, was sie erheblich schwächt.
Auf dem Kraiburger Baumrundgang kommt man auch an einer weiteren, wunderschön gewachsenen Kastanie vorbei: eine rotblühende Kastanie am Schießstättenweg, schräg gegenüber der Robinie des Apothekergartens (Baum Nr. 8 des Baumrundgangs). Sie ist eine Kreuzung aus der gewöhnlichen Rosskastanie und ihrer nordamerikanischen Schwester. Interessanterweise wird die rote Rosskastanie von der Miniermotte nicht befallen.
Genießen Sie im Sommerhalbjahr schöne Biergärten in der Region und lassen Sie sich im Schatten der Kastanienbäume Bier und Brotzeit schmecken!
Text: Christine Herfort
Fotos: Judith Harrison
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Die Stieleiche
Baumportrait Nr. 2
Die Stieleiche
Im Oktober 2020 feierte die Ortsgruppe vom Bund Naturschutz Kraiburg ein besonderes Geburtstagskind: die große Eiche an der Guttenburgerstraße, schräg gegenüber vom Getränkemarkt, die in diesem Jahr ihren 150. Pflanzgeburtstag hatte. Viele Menschen werden schon x-mal mit dem Auto vorbeigefahren sein, ohne sie groß bemerkt zu haben, da sie sehr randlich steht. Ihre starken Äste ragen allerdings weit über die Fahrbahn. Zwei Schilder sind an ihrem Stamm befestigt: das Schild, das über die Ausweisung als geschütztes Naturdenkmal informiert und das Schild mit der Aufschrift, dass sie aus Anlass der Wiedereingliederung Lothringens ins Deutsche Reich 1870 gepflanzt wurde. Es ist schön, bei einem Baum das genaue Pflanzdatum zu wissen, denn so muss man beim Alter nicht rätseln.
Wenn man bedenkt, dass die Eichen 500 bis maximal 1000 Jahre alt werden können, befindet sich unser Baum gerade mal im „jungen Erwachsenenalter“. Bäume haben es so gesehen nicht eilig. Ab 60 Jahren bildet die Eiche die ersten keimbaren Eicheln, die übrigens lang gestielt sind, daher kommt der Name Stieleiche (botanisch Quercus robur).
Dank ihrer kräftigen Pfahlwurzeln sind Eichen sehr stand- und sturmfest. „Stark wie eine Eiche“ – dieser Spruch bezieht sich auf ihre Standfestigkeit, aber auch auf ihr hartes, sehr dauerhaftes Holz. Das Holz ist gut zu verarbeiten und wird vielseitig verwendet, vor allem als Bauholz, für Möbel, Furniere, als Holz unter Wasser und früher auch als Fassholz.
„Auf den Eichen wächst der beste Schinken“. Dieser Spruch stammt aus der Zeit unserer Vorfahren, als man die Schweine zur Eichelmast in den Wald trieb. Die abgeschälte Rinde wurde in der Ledergerberei als Gerberholz genutzt. Medizinische Verwendung findet auch heutzutage noch die getrocknete Rinde der jungen Zweige vor allem bei entzündlichen Hautleiden mit Vollbädern oder Umschlägen.
Die Eiche gilt als Sinnbild für Standhaftigkeit, Weisheit, Wahrheit, Treue und Heldentum. In der Mythologie spielt die Eiche eine große Rolle. Die Germanen weihten die Eiche ihrem Gott Donar, dem Gott des Donners und der Blitze. Auch den Kelten waren die Eiche und die auf ihr wachsende Mistel heilig.
Früher galten die Eicheln als hervorragende Nahrung mit reichlich Stärke, Eiweiß und Fett. Allerdings mussten sie durch langes Wässern entbittert werden, dann ließ sich mit dem Eichelmehl sogar Brot backen. Der Eichelkaffee diente in Kriegszeiten als Kaffee-Ersatz. Heute erlangt das Heißgetränk vor allem aufgrund seiner gesundheitsfördernden Wirkung wieder zu mehr Bekanntheit. Vielleicht ein Tipp zum selber Ausprobieren….
Um das Naturdenkmal der Kraiburger Stieleiche kümmert sich die Untere Naturschutzbehörde des Landkreises Mühldorf. Dies sichert diesem eindrucksvollen Baum hoffentlich noch ein langes Leben mitten im Ortszentrum Kraiburgs.
Text: Christine Herfort
Fotos: Judith Harrison und Christine Herfort
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Die Birne
Baumportrait Nr. 3
Der Birnbaum
Beim Kraiburger Baumrundgang kommt man an einer besonders schönen Stelle vorbei: am Bruckmühlweg hinter dem Getränkemarkt, da wo der Bruckmühlbach aus dem Wanklbach ausgeleitet wird, stehen ein älterer Birnbaum, unter ihm ein Holzkreuz mit dem gekreuzigten Christus und eine Bank, die an diesem schattigen, wild-romantischen Standort zum Verweilen einlädt. Das Wasser der beiden Bäche plätschert leise vor sich hin und man staunt über die Ruhe und Beschaulichkeit mitten im Ortskern von Kraiburg.
Vermutlich ist der Baum eine alte Kultur-Birnbaumsorte (Pyrus communis). Bisher konnten im Herbst keine Früchte entdeckt werden, so dass nicht bekannt ist, ob die Früchte essbar wären oder sie doch eher der Wildbirne ähneln und allenfalls zur Saft- oder Mostgewinnung genutzt werden könnten.
Die Wildbirne und ihre Kulturfolger haben einen großen ökologischen Nutzen: ihre Blüten bieten vielen Insekten im April oder Mai eine reiche Nahrungsquelle genauso wie die Früchte für viele Tierarten wie Siebenschläfer, Marder, Dachs und Igel wertvoll sind. Wird ein Birnbaum älter und brechen einzelne Äste oder ein Teil seiner Krone aus, entstehen Höhlungen und brauchbare Verstecke für Fledermäuse und Vögel, wie z.B. der Steinkauz. Veredelte Birnbäume werden durchschnittlich ca. 70 Jahre alt, die Mostbirnbäume können ein stattliches Alter von 200 Jahren erreichen.
Die Früchte der Wildbirne schmecken stark herb, bitter oder säuerlich und sind roh für den Menschen ungenießbar. Aus der Wildform hat man die Kultur-Birne gezüchtet, deren Hunderte von Kultursorten weichere und schmackhaftere Früchte haben.
Den Birnbaum kann man auch im Winter gut erkennen: die hell- bis schwarzgraue Rinde des Baumes reißt in großen Schuppen oder würfelförmigen Feldern auf (siehe Foto). Das Holz des Birnbaums ist schwer, wenig elastisch und sehr dauerhaft. Es findet Verwendung als wertvolles Tischlerholz und im Musikinstrumentenbau. In manchem alten Holzhaus tragen noch heute jahrhundertealte Birnenholzbalken die schwere Decke.
Noch einige Rituale aus früherer Zeit: Birnbaum und Apfelbaum sind das „Paar“ im Obstgarten. Wurde der Apfelbaum schon seit Urzeiten mit dem Weiblichen in Zusammenhang gebracht, so symbolisierte der Birnbaum das Männliche. Eine alte Bauernregel besagte: „Willst du ein Kuhkalb, so vergrabe die Nachgeburt einer Kuh unter einem Apfelbaum, willst du ein Stierkalb, so vergrabe die Nachgeburt unter einem Birnbaum“. Für ein Liebesorakel sollten junge Männer unter einen Apfelbaum und Mädchen unter einen Birnbaum gehen. Besonders in den Rauhnächten zwischen Weihnachten und Neujahr holten sie sich Auskünfte über das kommende Jahr. Um Mitternacht sollten die jungen Leute unter den Baum schleichen, aus ihren Holzschuhen schlüpfen und diese auf den Baum werfen. Blieben sie in den Zweigen hängen, so würde im nächsten Jahr am glücklichen Werfer oder der glücklichen Werferin eine schöne Maid oder ein schöner Jüngling hängen bleiben.
Text: Christine Herfort
Fotos: Judith Harrison und Christine Herfort
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Die Linde
Baumportrait Nr. 4
Die Linde
Es gibt einige sehr markante Lindenbäume in Kraiburg, angefangen bei den wunderschönen Linden auf dem Schlossberg, über die Uraltlinde am Keferberg bis zu den Linden, die man beim Kraiburger Baumrundgang aufsuchen kann: Die beiden besonders schön im Freistand gewachsenen Winterlinden in der Wiese neben dem Seniorenheim St. Nikolaus sowie im Garten vom Gasthof Unterbräu und die mächtige Sommerlinde, die direkt neben dem Wanklbach südlich des Parkplatzes an der Jahnstraße steht, mit einem Alter von geschätzt über 200 Jahren der älteste Baum des Baum-Rundgangs.
Linden können bis zu 1000 Jahre alt werden. Der Volksmund sagt: Linden kommen 300 Jahre, stehen 300 Jahre und vergehen 300 Jahre.“ Das Geheimnis ihrer Langlebigkeit liegt vor allem darin, dass sich im Bauminneren Wurzeln bilden, die vom greisen Stamm zum Boden wachsen, sich dort verankern und eine junge Krone bilden, während der übrige Baum allmählich abstirbt. Die Linde verjüngt sich sozusagen von innen heraus.
In Deutschland sind zwei Lindenarten heimisch: Die Winterlinde (Tilia cordata) hat fast kreisrunde, herzförmige Blätter mit einer blaugrünen, kahlen Blattunterseite. Es ist nicht leicht, die Sommerlinde (Tilia platyphyllos) von ihr zu unterscheiden. Die Blätter sind bei der Sommerlinde oberseits dunkelgrün und auf der hellgrünen Unterseite behaart mit auffällig dicht behaarten Adern.
Eine in voller Blüte stehende Linde ist ein beeindruckender Anblick. Die Blüten duften nach Honig und sind umschwärmt von unzähligen Insekten, darunter natürlich auch von den Honigbienen, die den begehrten Lindenblütenhonig produzieren, aber auch von Nachtfaltern, denn abends und nachts wird der meiste Nektar ausgeschieden. Die Sommerlinde hat ihre Blütezeit im Juni, die Winterlinde dann etwas später, meist Ende Juni, Anfang Juli.
Die getrockneten Lindenblüten sind ein geschätztes Heilmittel bei Erkältungskrankheiten und grippalen Infekten, auch als schweißtreibendes Mittel bei einhergehendem Fieber. Mit ihnen kann man „Linde-rung“ finden. Es lohnt sich, schon bei den ersten Anzeichen eines Infekts Lindenblütentee zu trinken, weil durch ihn die körpereigenen Abwehrkräfte aktiviert werden. Möchte man die Lindenblüten selbst sammeln, ist der beste Zeitpunkt 1-3 Tage nach dem Aufblühen, denn dann ist der Wirkstoffgehalt am größten. Zuhause sollten die Blüten am besten auf einem Leinentuch ausgebreitet werden und an einem warmen, luftigen Ort trocknen. Anschließend bewahrt man sie in einem dunklen, luftdichten Glas auf.
Im Herbst werden die Lindenfrüchte reif. Wenn sie abfallen, drehen sich die kleinen Nussfrüchte mit ihrem Flügel propellerartig im Wind. Ein weiteres sicheres Unterscheidungsmerkmal der beiden Lindenarten bieten auch die Früchte: bei der Winterlinde lassen sich die reifen Nüsschen mit den Fingern zerdrücken, bei den harten Nüsschen der Sommerlinde gelingt das nicht.
Das weiche Holz der Linden ist in der Schnitzerei, der Drechslerei und der Bildhauerei sehr begehrt. Man denke nur an die schönen Schnitzarbeiten der Spätgotik, z.B. von Tilman Riemenschneider oder Veit Stoß.
Bereits in der Steinzeit wurde Lindenbast zur Herstellung geflochtener Gebrauchsgüter verwendet. Auch heute findet er noch Verwendung als Gärtnerbast und zum Basteln. Man vermutet, dass sich der Name Linde aus dem germanischen Begriff „linda“, der „binden“ bedeutet, abgeleitet hat.
Für die Kelten und Germanen war die Linde ein wichtiger Baum, der für sie neben den Heilkräften auch Weissagungskräfte hatte: Durch die Linde kam die Wahrheit ans Licht, so dass sie zum Gerichtsbaum wurde, unter dem Streit zum Frieden „gelindert“ werden konnte. Sie war jedoch auch ein Ort der fröhlichen Kommunikation und der Freude, war sie doch der Liebes- und Fruchtbarkeitsgöttin Freya gewidmet. Unter ihr trafen sich die Menschen zum Tanzen und Feiern.
Dies währte auch im christianisierten Mitteleuropa noch Jahrhunderte lang. Fast jedes Dorf hatte einen markanten Lindenbaum, so man sich zur Gerichtsbarkeit, zu Versammlungen und Festen traf. Schön, wenn ein Ort sich das bis in die heutige Zeit bewahren konnte!
Text: Christine Herfort
Fotos: Judith Harrison und Christine Herfort
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Die Esche
Baumportrait Nr. 5
Die Esche
Bei Kraiburger Baumrundgang darf ein wichtiger Baum nicht fehlen: die Esche (Fraxinus excelsior) aus der Familie der Ölbaumgewächse. Ein besonders schönes Exemplar findet sich im Hof hinter dem Gasthof Unterbräu.
Die Esche ist ein wichtiger Bestandteil unserer Wälder, vor allem auf feuchten Auenböden und in Bach- und Flusstälern fühlt sie sich wohl. In und um Kraiburg kann man sie im Inn-Auwald und im Leitenwald häufig antreffen.
Sie hat einige Besonderheiten: Sie treibt unter den heimischen Baumarten als letzte aus, erst im Mai, wenn die anderen Laubbäume längst schon grün geworden sind, erscheinen ihre aus 9-15 gefiederten Blättchen zusammengesetzten Blätter. Im Herbst wirft sie als einzige Baumart in Europa die Blätter im grünen Zustand ab. Eine attraktive Herbstfärbung spart sie sich also. Unbelaubt kann man sie gut erkennen, denn ihre Winterknospen sind schwarz.
Mit bis zu 40 Meter Höhe zählt sie zu den höchsten Bäumen in Europa. Für die Forstwirtschaft ist die Esche von großer Bedeutung. Sie wächst schnell, sie verjüngt sich gut und die auf den Boden fallenden Blätter zersetzen sich schnell. Dies fördert die Humusbildung und sorgt für ein reiches Bodenleben. Auch ihr Holz ist sehr gefragt, besonders dann, wenn höchste Ansprüche an Elastizität und Festigkeit gestellt werden, wie bei der Werkzeugherstellung und beim Bau von Sportgeräten. Auch in der Möbeltischlerei wird das Eschenholz sehr geschätzt. Bereits in der Antike verwendete man das Eschenholz zur Waffenproduktion und stellte Lanzen, Speere und Pfeile her. Achilles soll den trojanischen Helden Hektor mit einem Eschenspeer besiegt haben.
Für die alten Kulturen war die Esche ein Baum von großer mythologischer Bedeutung. Für die Germanen symbolisierte die Esche den Weltenbaum, genannt Yggdrasil, als Zentrum und Stütze des gesamten Kosmos. Der Stamm verkörperte das Dasein auf der Erde, die Krone verband die Erde mit dem Himmel und die Wurzeln führten zur Unterwelt. Nach der isländischen Eddasage wurde der Mann aus einem Eschenholz, die Frau dagegen aus einem Ulmen- oder Erlenholz erschaffen. Bei den Kelten symbolisierte die Esche die gewaltige Macht des Wassers.
Seit den 1990er Jahren setzt allerdings das sog. Eschentriebsterben der europäischen Esche enorm zu. Ein besonderer Schlauchpilz, der ursprünglich aus Asien stammt, wogegen die dort wachsenden Eschen resistent sind, führt zum Welken und Abfallen der Blätter sowie zum Absterben von Zweigen und Wipfeltrieben bis hin zum kompletten Absterben des Baumes. Besonders jüngere Eschen werden befallen. Was Hoffnung macht, ist dass sich in befallenen Beständen regelmäßig Eschen ohne Symptome beobachten lassen und sich über Anpassungsprozesse Resistenzen ausbilden, ähnlich wie bei der Ulme. Zudem fällt auf, dass sich in Siedlungsräumen die Esche besser gegen das Eschentriebsterben wehrt als im Wald. Ein Grund ist womöglich die regelmäßige Entfernung des Falllaubes. Hier bildet der Pilz nämlich Sporen, die zur Ausbreitung betragen. Außerdem stehen die Bäume in den Siedlungen selten sehr dicht beieinander, was eine Übertragung erschwert. Es besteht also Hoffnung für unsere so wichtige Baumart Esche.
Text: Christine Herfort
Fotos: Christine Herfort
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Die Birke
Baumportrait Nr. 6
Die Birke
ist auch bekannt unter dem Namen Sand- oder Hängebirke (Betula pendula). Im Kraiburger Ortszentrum wird man im Marktpark fündig, wo einige junge Bäume mit weiß leuchtender Rinde um den Weiher herumstehen und ein paar Meter weiter zwei etwas größere Exemplare neben dem Maibaum-Standplatz. Wenn man die Birke als älteren, ausgewachsenen Baum sehen möchte, kann man in den Garten des Seniorenheims Sankt Nikolaus blicken, wo ein schöner, älterer Baumbestand aus unterschiedlichen Baumarten wächst, darunter auch drei große Birken. Bei diesen Bäumen erscheint die Rinde viel weniger weiß, denn sie ist tief gefurcht und mit schwarzen Längsrissen durchzogen.
Woher kommt die weiße Farbe der Rinde? Es ist das eingelagerte Betulin, welches das Licht vollständig reflektiert. Vermutlich schützt sich die Birke so vor Rindenschäden durch intensive Sonneneinstrahlung, besonders im Winter. Das Betulin macht die Rinde für Nässe undurchlässig. In nördlichen Ländern gebrauchte man sie daher zum Decken der Häuser. Aus der Rinde kann man den sog. Birkenteer gewinnen, der als gutes Konservierungsmittel für Leder gilt. Die alten Gallier kochten diese pechartige Substanz aus und verwendeten sie als Wagenschmiere und zum Abdichten von Fässern und Booten. Ganz typisch für Birkenholz: es brennt wegen des eingelagerten Birkenteers auch in frischem und feuchtem Zustand gut.
Als erster unserer heimischen Laubbäume treibt die Birke aus und gilt mit den zarten, frischgrünen Blättern als Frühlingssymbol. Sie blüht in tieferen Lagen bereits im April: die männlichen Kätzchen hängen an den Enden älterer Zweige, die weiblichen Kätzchen bilden sich der an der Spitze junger Zweige. Die Blüten werden vom Wind bestäubt. Die häutig geflügelten Nussfrüchte werden ab August ebenfalls vom Wind verbreitet.
Die Birke ist ein Lichtbaum. Bei uns in Mitteleuropa ist sie eine Pionierbaumart, die neben den Weiden als erste kahle Flächen besiedelt. Das Überwachsen und Überschatten von anderen Baumarten mag sie gar nicht, so dass sie sich dann wieder verabschiedet. Man sagt ihr nach, dass sie eine besondere Technik entwickelt hat, wie sie sich in der Konkurrenz um das Sonnenlicht gegen andere Baumarten durchzusetzt: Die durch den Korkwarzenbesatz wie Schleifpapier wirkenden schlaff hängenden Zweige schleifen bei Windeinwirkung stetig und effektiv regelrechte Schneisen in die Baumkronen der anderen, dicht benachbart stehenden Bäume.
Birkenholz ist zäh und elastisch, aber mit geringer Dauerhaftigkeit im Außenbereich. Es wird im Möbel- und Innenausbau verwendet, es können auch wertvolle Furniere hergestellt werden. Das Reisig wurde früher für Besen verwendet. In nordischen Saunen benutzt man frische Birkenreiser zum Peitschen der Haut, denn dies unterstützt die Ausschwitzungen der Haut. Traditionell nimmt man als Maibaum gerne eine Birke, an Fronleichnam schmücken Birkenzweige die Feier.
Die Birke gilt als beliebtes und vielseitig verwendetes Heilmittel in der Volksmedizin, besonders bei slawischen und nordischen Völkern gilt sie als Universalheilmittel. Im Frühjahr hat die Birke die meisten Heilstoffe und bietet sich für eine Frühjahrskur gerade zu an. Man könnte z.B. 3 Wochen lang einen Birkenblättertee trinken. Seine Inhaltsstoffe bilden eine schöne Komposition, die belebend und reinigend auf den menschlichen Körper wirkt. Die Birke regt Blase und Niere an und kann bei Wassersucht, Rheuma, Gicht, Arthritis und Nieren- und Blasensteinen helfen. Im Frühjahr wird der Stamm angebohrt, um den sog. Birkensaft zu gewinnen, der als Haarwasser verwendet wird. In manchen Ländern wird der Birkensaft zu einem berauschenden Getränk vergoren.
Text: Christine Herfort
Fotos: Christine Herfort
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Die Bergulme
Baumportrait Nr. 7
Die Bergulme
Wer den Fußweg zum Kraiburger Friedhof hinauf steigt, kommt an einer Besonderheit vorbei: auf der linken Seite steht eine Baumreihe aus älteren Bergulmen (Ulmus glabra). Eine Besonderheit deswegen, weil es aufgrund einer Krankheit in Deutschland kaum noch ältere Ulmen gibt. Seit Beginn der 20er Jahre des letzten Jahrhunderts hat eine Pilzart die europäischen Ulmen dezimiert. Ein aus Ostasien eingeschleppter Schlauchpilz wird durch den Ulmensplintkäfer, eine Borkenkäferart, übertragen und führt zur Verstopfung der Gefäße des Baumes und zu seinem unausweichlichen Absterben. Alle drei in Deutschland vorkommenden Ulmenarten haben sich in den letzten Jahrzehnten ziemlich aus den Siedlungen und Wäldern verabschiedet. Die Bergulme, auch Weißrüster genannt, wäre eine wichtige und verbreitete Baumart der Schlucht- und Hangwälder, auch rund um Kraiburg. Hoffnung macht, dass in den letzten Jahren Ulmen in resistenten Sorten wieder vermehrt gepflanzt werden.
Auch wenn einige Bäume in der Kraiburger Baumreihe bereits gefällt wurden, haben die heute noch vorhandenen Baumexemplare glücklicherweise überlebt und sind als Naturdenkmal geschützt.
Viele kennen die Bergulme nicht. Dabei gibt es ein typisches Erkennungsmerkmal für alle Ulmenarten, nämlich die asymmetrische Form der Blätter. Deswegen kann man sie auch nicht mit den ähnlichen, aber symmetrischen Blättern der Haselnuss verwechseln. Die Blätter der Bergulme haben einen gesägten Rand, fühlen sich oberseits leicht rau an und bei den größeren Blättern haben sich oft drei Spitzen ausgebildet. Schön ist die kräftig gelbe Herbstfärbung. Die tiefwurzelnde Bergulme kann im Laufe der Jahrzehnte max. bis 40 m groß und bis zu 400 Jahre alt werden.
Die Blütezeit beginnt früh, denn die unauffälligen Blüten erscheinen lange vor der Belaubung bereits im Februar oder März. Sie sind eine wichtige Nahrung für Bienen, mehrere Schmetterlingsarten und andere Insekten. Schnell reifen die Früchte und schon ab April verbreitet der Wind die leichten Flügelnüsse in der Umgebung des Baumes.
Ihr elastisches und zähes Holz weist eine besonders schöne Maserung auf. Sie ist unter der Bezeichnung Rüster im Handel und liefert unter anderem ein schönes Furnierholz für Möbel und Holz für den Innenausbau.
Die Ulme war in früheren Zeiten ein geschätztes Heilmittel, heute ist sie in der modernen Pflanzenheilkunde völlig unbekannt. Nur in der Homöopathie und der Bachblütentherapie – hier unter dem englischen Namen „Elm“ – findet sie Verwendung.
Bei den Kelten symbolisierte die Ulme wegen ihrer frühen Blüte und Fruchtreife den Frühling und das Erwachen der Natur. In der Antike und den Jahrhunderten danach galt der Baum dagegen als Sinnbild für Tod und Trauer. Ähnlich der Linde pflanzte man die Ulme gerne auf bedeutsamen Plätzen. Vielleicht ein Grund, warum die Bergulmen neben dem Aufgang zum Friedhof gepflanzt wurden.
Text: Christine Herfort
Fotos: Judith Harrison
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Die Robinie
Baumportrait Nr. 8
Die Robinie
Viele kennen die Robinie (bot. Robinia pseudoacacia) aus der Familie der Schmetterlingsblütler gar nicht. Einen großen, über 100 Jahre alten Robinien-Baum kann man im Apothekergarten im Schießstättenweg entdecken. Ganz anders dagegen schauen die kleinen Robinien in geschnittener Kugelform als Straßenbäume in der Max-Schwaiger-Straße aus.
Viele sagen zu ihr Akazie, aber eine echte Akazie ist sie nicht, was ihr auch den Namen Scheinakazie oder falsche Akazie verliehen hat. Die echten Akazien kommen nur in tropischen und subtropischen Breiten vor. Mit ihren zarten Fiederblättern und den duftenden, lang herunterhängenden Blütentrauben im Mai/Juni ist die Robinie ein sehr attraktiver Baum. Sie hat einige Eigenschaften, die überaus geschätzt werden: Sie bietet eine hervorragende Bienenweide, aus der der begehrte sog. Akazienhonig hervorgeht. Sie kann Trockenheit, Hitze und Salz gut ertragen, d.h. sie kommt mit dem für viele Bäume problematischen Stadtklima bestens zurecht. In München z.B. gibt es viele Straßenzüge, die während ihrer Blütezeit regelrecht duften. Mit ihrem ausgesprochen harten Holz ist sie eine gute Alternative zu den Tropenhölzern. Ihr Holz bleibt im Außenbereich auch ohne Imprägnierung sehr lange gut erhalten. Sie kommt ursprünglich aus Nordamerika und wird in Europa seit über 300 Jahren in Parks und Gärten gepflanzt.
Unumstritten ist sie jedoch nicht. Viele Naturschützer sehen in ihr auf mageren Wiesen und Weiden eine Gefahr, die bekämpft werden muss. Sie macht nämlich Wurzelbrut und ist sehr austriebsfreudig, so dass sie schnell neue Flächen besiedeln kann, leider auch magere Offenlandflächen wie Trockenrasen. Sie hat eine erstaunliche Eigenschaft: sie kann den Stickstoff aus der Luft fixieren und dem Boden, also ihrem eigenen Standort zuführen. Für andere Pflanzen, die auf nährstoffarme Standorte angewiesen sind, ist das ungünstig, sie verschwinden dann zusehends. Die Robinie ist übrigens bis auf die Blüte stark giftig, Weidetierhalter mögen sie deswegen auch nicht besonders.
Ein Baum also, der polarisiert. Aber bei einem Spaziergang im alten Kraiburger Ortskern kann man sich jedenfalls einfach an ihrem schönen Anblick erfreuen.
Text: Christine Herfort
Fotos: Judith Harrison und Christine Herfort